9.Dezember
Neben Oles Bett stand eine der kleinen Wiegen, die er gestern mit Oma
gebastelt hatte. Als er aufwachte, fiel sein Blick direkt darauf.
Basteln mit Oma macht Spaß, dachte er und kuschelte sich fester in
seine Bettdecke. „Nur noch ein viertel Stündchen“, murmelte er
und war auch schon wieder eingeschlafen. In der Küche hatte Oma
schon seit dem frühen Morgen gewerkelt und knetete nun in einer
riesigen Schüssel einen dicken Klumpen Teig. Hin und wieder streute
sie ein wenig Mehl dazu und begann dann wieder mit dem Kneten. Auf
ihrer Stirn glitzerte es und sie wischte sich den Schweiß mit ihrer
Schürze ab. Ihr Blick fiel auf die Küchenuhr. „Schon neun Uhr und
Ole ist noch nicht hier. Ich glaube, der hat heute verschlafen“,
murmelte sie vor sich hin und kümmerte sich wieder um ihren Teig.
Nach einer weiteren Viertelstunde war sie endlich zufrieden mit ihrem
Werk und deckte die große Schüssel mit einem karierten Tuch ab.
„Uffz, ich brauche eine Pause“, stöhnte sie und plumpste auf den
Küchenstuhl. Sie goss sich eine Tasse Kaffee ein und griff zur
Tageszeitung. Auf Seite drei gab es auch dort einen Adventskalender.
Die Zeitung veröffentlichte täglich eine kleine Geschichte oder ein
Rezept für die Weihnachtsbäckerei. Heute wurde erklärt, wie man
Strohsterne selber basteln kann. „Prima Idee“, dachte Oma. „Das
könnten Ole und ich auch mal machen.“ Ole! schoss er ihr in den
Sinn. Den hatte sie ganz vergessen. Ob sie ihn wecken sollte?
Entschlossen stand sie auf und schlich auf leisen Sohlen in die
Stube. Da lag der Wicht doch tatsächlich noch in seinem Bett und
schlief friedlich vor sich hin. Ein leises Schnarchen kam unter der
Bettdecke hervor und fast hätte sie ihn schlafen lassen. Doch da
fiel ihr ein, dass er ja auch etwas von dem Teig bekommen sollte,
damit er selber auch backen könnte. Oma tippte vorsichtig mit ihrem
Finger auf die Bettdecke und flüsterte:“Ole! Aufwachen kleiner Mann. Wir müssen backen.“
Er regte sich und drehte sich um.
Total verwuschelt schaute er sich
um. „Oma, wo kommst du denn her? Hab ich verschlafen? Wie spät ist
es denn?“
„Es ist nach halb zehn, du Langschläfer. Willst du heute nicht
aufstehen und nachsehen, was die Englein in deinem Strumpf versteckt
haben?“ Mit einem Satz war er aus dem Bett heraus und flitze ins
Bad. Eine Katzenwäsche musste heute genügen. Er sauste die Treppe
hinunter, immer zwei Stufen nehmend. Als er unten war, rief er: „
Die Neun ist weg! ich finde sie nicht. Hier hängt aber schon wieder
eine Sechs……was soll das bedeuten? War der Nikolaus noch einmal
da?“ Oma lachte und sah genauer hin. „Ach was, die Neun war nicht
richtig festgenäht, sie baumelt falsch herum am Strumpf.“ Nun
musste auch Ole lachen. Na klar! Das er das nicht sofort bemerkt
hatte. Er löste die Schleife und griff in den Strumpf. Kalt und hart
war das Geschenk und ziemlich groß. Es dauerte eine Weile bis er den
Inhalt hervorgezogen hatte.
„Eine Backform!“ jubelte er, „die fehlt mir noch in meiner
Küche.“ „ Und gerade passend für heute, wir backen
Christstollen, mein Lieber.“ sagte Oma und meinte dann, sie müsse
mal nach dem Teig sehen. Ole hüpfte in ihre Schürzentasche und
sparte sich so die übliche Kletterpartie. In der Küche angekommen
bat er um sein Frühstück. Während er genüsslich sein Brot aufaß,
hob Oma vorsichtig das Tuch vom Teigklumpen und murmelte: „Das
dauert noch, der muss noch gehen.“ „Wohin geht er denn?“
ertönte es hinter ihr auf dem Tisch. „Wer?“ fragte sie
verwundert. „Na, der in der großen Schüssel“, kam die prompte
Antwort. Oma lachte und erklärte dann, dass in der Schüssel ein
Hefeteig liege, der größer werden solle und dass man das dann
Aufgehen nennt oder einfach Gehen. „Na dann pass aber gut auf, dass
er nicht aus der
„Die musst du ganz klein schneiden für deinen Christstollen und
wenn du fertig bist, bekommst du noch einen Würfel Orangeat und
einen Würfel Zitronat. Alles ganz klein hacken, hörst du?“ Eifrig
machte er sich ans Werk und bald schon waren die Rosinen in winzige
Stückchen zerteilt. Das Gleiche machte er auch noch mit den beiden
anderen Zutaten und ganz zum Schluss gab Oma ihm noch eine halbe
Mandel, die er auch noch zerkleinern sollte. Als er fertig war,
reichte sie ihm einen Klumpen Teig, genau passend für seine neue
Backform und erklärte ihm, wie man nun kneten musste, damit die
Rosinen und die restlichen Sachen gut verteilt seien im Stollen. Ole
schwitzte genau so wie Oma heute Morgen und knetete kräftig.
Die aber teilte ihren Teig in 4 Teile auf und formte sie zu
Brotlaiben, die sie dann in der Mitte flach drückte. Er schaute
genau hin, was sie tat. Als sie aus dem Kühlschrank einen Block
Marzipan hervorzauberte, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Trolle
lieben Marzipan! „Krieg ich auch welchen?“ Die Frage war ihm
entschlüpft, bevor er darüber nachdenken konnte, ob sich das wohl
gehört. „Aber sicher doch!“ Oma griff zum Messer und schnitt ein
kleines Stück für ihn ab und reichte es ihm. Er griff danach und
Schwupps! war es in seinem Mund verschwunden. „Halt! Der kommt doch
in den Stollen du Vielfraß!“ Ein wenig musste sie trotzdem lachen.
Noch einmal schnitt sie etwas für ihn ab und zeigte ihm, wie man den
Marzipan genau in die Mitte vom Stollen bekommt. Einfach mitten drauf
legen und einrollen. Das konnte er und diesmal verzichtete er auch
darauf, sich etwas davon zu stibitzen.
Als alle Stollen in ihren Formen lagen, schob Oma sie in den Backofen
und sagte: „Jetzt heißt es warten. Das kann dauern. Möchtest du
einen Tee haben?“ Und so saßen die beiden den halben Nachmittag in
der Küche und tranken Tee. Ab und zu schauten sie nach, ob die
Stollen nicht zu dunkel geworden waren. Es duftete gut in der Küche
und als Opa nach Hause kam, rief er schon von der Haustüre aus: „Ah,
heute wurde Stollen gebacken? Ist er schon fertig? Ich habe Hunger!“
Ole murmelte: „Ich auch.“ und Oma lachte: „Ihr Zwei seid mir
die Richtigen. Stollen kann man nicht frisch aus dem Ofen essen. Das
schmeckt nicht und macht Bauchweh. Er muss mindestens 2 Wochen
liegen!“ „Wie gemein! „ rief Ole. „Dann ist ja schon
Weihnachten.“ „Genau!“ kam es wie aus einem Mund von Oma und
Opa und darüber war er dann tatsächlich ein wenig sauer. Er schmollte für den Rest des Tages
und sagte kein Wort mehr.
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