7.Dezember
Es war spät geworden gestern Abend. Ole hatte seinen Schlitten noch
ausprobieren dürfen und die Kinder waren auch noch lange mit den
Erwachsenen draußen im Schnee herumgetollt. Durchgefroren und gut
gelaunt hatten sie danach noch heißen Kakao und Tee getrunken und
waren dann nach Hause gefahren. Oma hatte ihm in der Küche das
Backrohr vom Kohlenherd geöffnet und seinen kleinen Stuhl auf die
offene Klapptüre gestellt. Dort hatte er gesessen, bis ihm wieder
richtig warm geworden war und er durch und durch getrocknet war. Oben
über dem Herd hingen die schneeverkrusteten Handschuhe der Kinder
und es tropfte und zischte lustig, wenn die Eiskristalle
aufgeschmolzen waren und als Wassertropfen auf die heiße Herdplatte
fielen. Irgendwann war Ole doch tatsächlich eingeschlafen und Oma
hatte ihn vorsichtig zu Bett gebracht. Er erwachte heute Morgen aus
einem Traum voller Nisser, Trolle und Wichtel, die alle mit ihren
Schlitten durch die Eifel fuhren und erinnerte sich mit einem Schlag
daran, dass er nun ja auch einen Schlitten sein eigen nennen konnte.
„Hurra! Ich gehe rodeln!“ rief er fröhlich und sauste die Treppe
hinunter. An der Haustüre standen säuberlich aufgereiht drei
Schlitten. Zwei Große für die Kinder und sein winzig Kleiner
mittendrin.
Sie standen mitten in einer großen Pfütze auf Omas alten
Putzlappen. Über Nacht war wohl der Schnee geschmolzen, der gestern
Abend an den Kufen geklebt hatte, als sie die Schlitten ins Haus
trugen. „Oh oh, das gibt bestimmt Ärger“, dachte er und
überlegte, ob er es aufwischen solle, bevor Oma das Malheur
entdeckte. Da kam sie auch schon um die Ecke. „Hab ich es mir doch
gedacht“, sagte sie, „ein Putzlappen pro Schlitten war nicht
genug.“ Sie eilte in die Küche, holte einen weiteren Lappen und
begann damit, den Flur trocken zu wischen. Als sie fertig damit war,
drehte sie sich um und fragte: „ Na, gut geschlafen Ole? Was war
denn heute im Adventskalender?“ Er sah sie verdattert an und
brachte ein verwirrtes „Adventskalender? Öhm, vergessen“ hervor.
„War der Schlitten wichtiger als deine Neugier?“ lachte Oma laut
auf und nahm die nassen Lappen mit in die Küche. Ole flitzte hinter
ihr her und meinte:
„Heute mach ich das mal anders. Erst frühstücke ich mit dir, dann
gehe ich Schlitten fahren und wenn ich genug davon habe, dann machen
wir beide gemeinsam die Socke auf. Und weil du immer so nett zu mir bist, kriegst du heute mal das Geschenk aus dem Adventskalender!“
„Einverstanden“, kam es vom Küchenschrank, an dem Oma gerade
hantierte um den Tisch zu decken. Ole verputzte in Windeseile sein
Brot und hüpfte auf dem üblichen Weg vom Tisch herunter. Oma ließ
ihn mit seinem Schlitten nach draußen gehen und sah ihm eine Weile
zu, wie er immer wieder die Straße herunter sauste auf seinem
kleinen Schlitten. Dann wurde es ihr kalt und sie ging lieber wieder
zurück ins warme Haus. Als es Stunden später leise ans
Küchenfenster klopfte, stand dort ein weißer Ole, der eher einem
Schneemann ähnelte als einem Troll und der furchtbar mit den Zähnen
klapperte. „Komm rein du kleiner Eiszapfen“, rief sie und lief,
so schnell sie konnte, zur Haustüre. Reden konnte Ole nicht vor
lauter Zähneklappern und so trug sie ihn wieder zum Herd in der
Küche und er durfte an der Ofenklappe sitzen und langsam wieder
auftauen.
Sie reichte ihm eine Tasse Tee und rubbelte ihm die Locken trocken,
aus denen kleine Rinnsale liefen. Nachdem er wieder warm und trocken
war, ging er gemeinsam mit Oma zum Puppenhaus um den Strumpf am
Geländer zu suchen. Heute hing er ganz oben und als er endlich
geöffnet war meinte sie: „ Darf ich auch herausholen, was darin
steckt, wenn es ja heute für mich sein soll?“ Ole nickte und ließ
sie selber fummeln. So eine kleine Socke und dann Omas große
Hände-das sah wirklich lustig aus. Nach einer Weile dann hatte sie etwas Wolliges hervorgezogen. Es passte genau
auf ihren Daumen und sah aus wie eine kleine Mütze.
„Ole, ich glaube, ich verzichte auf das Geschenk und gebe es doch
dir. Gestern Schnee und heute die passende Mütze für dich. Da haben
die Englein sich doch was bei gedacht.“ Sie stülpte Ole die Mütze
auf die Locken und sagte: „ Passt! Nimm du sie lieber. Mein Daumen
braucht sie nicht. Er geht nicht Rodeln.“ Ole lachte und hüpfte in
die Höhe: „ Toll, keine kalten Ohren mehr. Deine Englein sind
wirklich die Besten.“
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