24.Dezember
Ole erwachte, weil Opa ihn mit samt seinem Haus einfach aus dem
Wohnzimmer trug. Uih, wie das schaukelte. Er wäre beinahe aus dem
Bett gefallen. Er quiekte ein wenig und Opa erschrak. „Ole, du
liegst ja noch im Bett. Ich dachte, du wärst im Schuppen, deinen
Weihnachtsbaum standfest machen. Tut mir ja leid, aber du musst
leider umziehen. Das Wohnzimmer ist zu klein um Krippe und Puppenhaus
zu beherbergen.“ Ole hielt sich krampfhaft am Bettpfosten fest und
sagte kein Wort. Unten in seiner Küche schepperte es laut, als die
Kessel vom Herd fielen und er hatte große Sorgen um sein kostbares
Teeservice. Als Opa sein Haus vorsichtig auf das Bücherbord im Flur
stellte, atmete er erleichtert auf. Er sprang aus dem Bett und eilte
die Treppe hinunter. Ein heilloses Durcheinander herrschte überall.
Die Kekse waren bis unters Sofa gerutscht und die Stühle in der
Küche waren umgefallen.
„Du meine Güte, Opa du Tollpatsch! Da habe ich ja den ganzen Tag
zu tun, bis das wieder aufgeräumt ist.“ Opa war ein wenig
zerknirscht. „Tut mir leid, kleiner Mann, ich bin in Eile.
Vielleicht helfen dir deine Freunde dabei ein wenig.“ Ole
schüttelte den Kopf:
„Das kannst du vergessen, die machen Hausputz für Weihnachten. Das
ist wohl überall auf der Welt gleich. Zu Hause in Dänemark wurde
nicht nur alles geschrubbt, es gab auch neue Fleckerlteppiche und
Gardinen im ganzen Haus. Meine Mutter war da sehr genau drin. Na ja,
das Chaos muss weg und bei der Gelegenheit kann ich auch gleich
Hausputz halten.“ Opa nickte und war schon wieder unterwegs. Er
hatte noch soviel zu tun, dass er nicht wusste, wo ihm der Kopf
stand. Ole begann damit, sein Haus aufzuräumen und entdeckte dann
die umgefallene Vase mit den Barbarazweigen. Alle Blüten waren
abgefallen, bevor sie ganz geöffnet waren. „Oma! Hilfe!“ Mehr
brachte er nicht heraus und als Oma angeflitzt kam, stand er mit
hängenden Schultern vor der Bescherung. „Das wars dann wohl mit
Weihnachtsgeschenken“, sagte er traurig. Oma schüttelte den Kopf.
„Oh nein, mein Lieber, die Englein haben gesehen, wie gut du die
Zweige versorgt hast und heute Morgen war ja noch alles in schönster
Ordnung. Du kannst nichts für Opas Unachtsamkeit. Das wird das
Christkind schon wissen.“ Ole strahlte und machte sich mit neuem Mut ans Aufräumen. Oma verschwand wieder in der Küche und
dekorierte zwischendurch das ganze Haus. Von Emilia und Leo hörte
man erst kurz vor Mittag etwas, als sie eilig die Treppe herunter
geflitzt kamen. Sie sausten ins Wohnzimmer und blieben verdutzt
stehen. Oles Haus war verschwunden, stattdessen gab es eine Wiese und
eine Ruine dort. Leo drehte sich suchend ein paar Mal um die eigene
Achse und dann entdeckte er, beim Blick durch die Wohnzimmertür in
den Flur, Oles Behausung.
„Emilia, er ist umgezogen. schau, dort ist er.“ Sein verwunderter
Ausruf rief Ole natürlich von seiner Arbeit weg. „Ja, ich wohne
jetzt im Flur mit Aussicht auf die Straße. Opa hat mein ganzes Haus
auf den Kopf gestellt und nun muss ich putzen und aufräumen.“ Man
hörte immer noch ein wenig, dass Ole sich geärgert hatte. Emilia
bot ihm an, ihm nachher ein wenig zu helfen, wenn er dafür mit Leo
die Weihnachtsbäume hereinbringen und aufstellen würde. Das ließ
der sich nicht zweimal sagen. Er schaute sich suchend um und
entdeckte dann eine prima Möglichkeit, von diesem Bücherbord
herunter zu kommen, auf dem sein Haus nun stand. Leo und er huschten
hinter Opa her nach draußen und schleppten dann nacheinander die
beiden Minibäume herein. Suchend sahen sie sich nach einem
geeigneten Christbaumständer um. Leo sagte ein wenig genervt: „ Oh
Mann, das war letztes Jahr wesentlich einfacher. Ich hab ihn einfach
im Fußboden eingegraben und das Loch nach Weihnachten einfach wieder
zugeschüttet.“ Ole sah ihn ungläubig an. „ Du hast was? Den
Fußboden in eurem Haus durchlöchert?“
„Ja klar“, antwortete Leo. „Unter den Himbeerbüschen gab es
keinen Holzfußboden wie in unserer neuen Wohnung. Nur
festgestampften Lehm und Teppiche drüber, die Emilia selber gemacht
hat. Was könnten wir denn bloß nehmen, um die Bäume aufzustellen?“
Ole grinste und lief kurzerhand die Treppe hinauf ins Kinderzimmer
der Enkel. Er rumorte und rumpelte in ihrer Spielzeugkiste herum und kam mit zwei Holzklötzen
zurück. „Leo, sieh nur, was ich gefunden habe! Diese dicken
Holzmuttern benutzen die Enkel immer zum Spielen. Das sollte passen,
was meinst du?“ Leo war begeistert und probierte gleich aus, ob der
Stamm wohl in das Loch passen würde. „Naja ein wenig wackelt es,
aber das können wir mit Zahnstochern verkeilen. Fragst du Oma mal,
ob sie und welche gibt?“ Ole flitzte in die Küche und war bald
darauf mit einem Bündel Zahnstocher zurück. Sie verbrachten eine
ganze Weile damit, die Bäume gerade in die Muttern zu stecken und
auszurichten. Dann schleppten sie den größeren der beiden Bäume
die Treppe hinauf und bugsierten ihn in die Wohnung unter der
Dachbodentreppe.
Emilia hatte unterdessen Oles Haus geputzt und alles wieder an seinen
Platz geräumt. Gerade, als Ole und Lasse den Kleineren Baum gepackt
hatten und sich auf den Weg in Oles Haus machen wollte, rief Oma aus
der Küche: „ Hej, ihr Nisser! Kommt schnell einmal in die Küche.
Es gibt eine wunderbare Neuigkeit.“ Vergessen waren
Weihnachtsbaum und Putzaktion…..wie der Blitz rannten sie in die
Küche. Dort saß Oma am Küchentisch und schaute ganz verliebt auf
ihr Handy. „Was ist den passiert, dass du uns bei der Arbeit stören
musst?“ rief Ole neugierig und hüpfte von einem Fuß auf den
Anderen. Oma bückte sich und hob alle Drei gleichzeitig auf den Küchentisch. Dann stellte sie ihr Handy gegen
die Kaffeekanne und zeigte auf das Display: „Das da ist passiert!
Meine Tochter hat uns eine Weihnachtskarte von ihren Nissern
geschickt. Seht selbst!“
Emilia hatte als Erste begriffen, was da geschehen war. Das Trollkind
war angekommen und hieß Lele. Warum sie allerdings in der Krippe
saßen, war ihr ein Rätsel und das sagte sie dann auch. Oma lachte
und erklärte: „ Naja, wenn es heute angekommen ist, dann ist es
doch ein Christkind. Steht ja auch auf der Karte. Christkinder
gehören in die Krippe. Das ist nun mal so.“ Opa, der gerade an der
Küche vorbei gehen wollte, stockte und kam zurück.
„Was gibt es denn da so Interessantes zu sehen?“wollte er wissen und riss dann die Augen
auf, als er das Bild auf dem Handy sah. „Na, die haben ja wohl
doppelt Weihnachten dort, will ich meinen“, rief er überrascht
aus. Emilia fragte leise:
„Fahrt ihr die Enkel besuchen an den Weihnachtstagen? Ich würde zu
gerne die kleine Lele kennen lernen.“ „Denkst du denn, ich
nicht? Aber sicher fahren wir die Kinder besuchen, das war sowieso geplant.“ Oma legte das Handy wieder auf
den Tisch und stand entschlossen auf. „So, ihr Lieben, genug
geplaudert. Wir haben noch soviel zu tun bis heute Abend.“ Sie
holte ein Sieb aus dem Schrank und ging nach draußen, um Kartoffel
zu holen. Emilia eilte zurück an ihren Putzeimer und Leo und Ole
begannen damit, den Weihnachtsbaum zu schmücken. Leo holte die
Äpfelchen herbei, die er besorgt hatte und gemeinsam ging es flott
voran.
Den zweiten Baum schleppten sie erst ins Haus als Emilia fertig
war mit Wischen.
„Nadelt mir bloß nicht alles voll hier!“ rief sie aus dem
Badezimmer, wo sie noch rasch ein wenig sauber machen wollte. Die
beiden Nisser hatten gewaltige Mühe, den Baum ins Wohnzimmer zu
schaffen und dann passte er nicht. Er war zu groß. Ole griff zur
Schere und wollte oben ein Stück abschneiden, aber in dem Moment
kam Emilia die Treppe herunter und rief: „ Halt! Doch nicht die schöne Spitze abschneiden! Unten müsst ihr kürzen.“ Die Zwei
verdrehten die Augen und machten sich seufzend daran, den Baum wieder
aus seinem Halter zu entfernen. Dann sägten sie ihn kürzer und
hatten wieder eine Weile damit zu tun, ihn ordentlich auszurichten in
seinem Ständer.
Opa
kam aus dem Wohnzimmer und fragte:
„Braucht ihr Hilfe? ich bin nämlich fertig und habe jetzt Zeit.“
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen und so half Opa ihnen mit
ein paar Handgriffen dabei. Als auch dieser Baum geschmückt war, kam
Oma aus der Küche und bewunderte ihn gebührend. Dann jedoch stellte
sie entsetzt fest, dass nun im Haus ja gar kein Platz für eine
Krippe sei. Sie sah Opa und Ole ratlos an. „Ich habs!“ rief Ole
und schob einen Sessel in die Küche.
„Passt nicht.“ stellte er enttäuscht fest und ließ die
Schultern hängen. Oma nahm kurzerhand den Sessel aus dem Haus und
stellte ihn ins Bücherregal. „So müsste es passen, denkst du
nicht?“ Ole nickte und freute sich über diese Lösung. Leo und
Emilia schauten einander traurig an. „Wir haben keine Krippe. Noch
nie gehabt.“ Emilia schluchzte ein wenig und Leo nahm sie tröstend
in den Arm. „Nicht traurig sein, Emilia, ich habe für euch drei
beim Christkind 2 Krippen bestellt, die werden sicher morgen früh
unter eurem Weihnachtsbaum stehen, zusammen mit euren Geschenken.“
sagte Oma mitfühlend. „Morgen früh?“ riefen alle wie aus einem
Mund. „ Nicht heute Abend?“
„Aber nein“, antwortete Oma kopfschüttelnd. Heute ist Heilig
Abend, der Abend vor der heiligen Nacht. Da essen wir gemeinsam zu
Abend und gehen dann in die Kirche. Anschließend sitzen wir noch ein
wenig beisammen und Opa liest das Weihnachtsevangelium vor. Dann
gehen wir ins Bett und in der Nacht hat das Christkind Zeit genug,
die Geschenke unter den Baum zu legen. so machen wir das in der Eifel
schon immer und auch in vielen anderen Gegenden ist das so üblich.“
Ole schaute Oma an und dann konnte er sich nicht mehr beherrschen: „
Du meinst also wirklich, ich muss bis morgen warten, um zu sehen, ob
das Christkind meinen Wunschzettel bekommen hat und ich brav genug
war für ein Geschenk?“ Opa und Oma nickten. Ole schaute Oma
verschmitzt an. „Das machst du doch nur, damit du morgen auch ein
Geschenk für die Leute hast, die schon die ganze Zeit dein Tagebuch
lesen. Stimmts?“ Oma war doch sehr erstaunt darüber, dass dieser
kleine Kerl davon wusste. Sie hatte doch immer erst in der Nacht
geschrieben, was am Tag passiert war, und da schlief er doch
gewöhnlich schon. „Ole, du Schlingel, woher weißt du davon?“
„Ach Oma, ich habe mit Lili geschrieben und die hat mir berichtet,
dass sie mich im Internet gesehen hat. Dürfen wir Nisser diesen
Adventskalender auch lesen, wenn du fertig bist damit?“ „Klar
dürft ihr, aber erst am 25. Dezember, wenn ich weiß, was euch das
Christkind gebracht hat und auch davon einen Bericht geschrieben
habe. Solange müsst ihr euch gedulden!
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