20.Dezember
Leo und Emilia waren erst spät am Abend zurück gekommen. Sie hatten
lange und viel mit den Verwanden geredet und dabei viel Neues
erfahren. Emilias Kekse hatten allen gut geschmeckt und so konnte sie
die leere Schüssel gleich wieder mit nach Hause nehmen. Da Ole schon
schlief und Oma auch ins Bett wollte, blieb ihnen nichts anderes
übrig, als sich in ihre eigene Wohnung zu verziehen. Emilia bat Oma
noch um ein paar Wollreste, ohne zu verraten, was sie damit wollte,
und dann kehrte endlich Ruhe ein im Haus. Naja, nicht so ganz. Oma
hörte ein beständiges Ritsch-Klapp-Ritsch-Klapp-
Ritsch-Klapp unter der Dachbodentreppe, doch irgendwann war sie
eingeschlafen. Das monotone Geräusch hatte seine Wirkung nicht
verfehlt. Emilia saß an ihrem Webstuhl und webte fleißig an einem
neuen Teppich für Ole. Ihr war eingefallen, dass sie kein Geschenk
für ihn hatte und sie fand, etwas Selbstgemachtes sei immer noch das
schönste Weihnachtsgeschenk.
Leo saß in einem der Sessel und blätterte in einem
Weihnachtsbüchlein. Solch gemütliche Abende sollte es öfter geben,
fand er und blätterte weiter. „Du, Emilia, hör mal, was hier
steht: „In Island scheint es mit dem Advent ein wenig anders zu laufen als bei uns in der Eifel. Unsere
Verwandten dort auf der kalten, großen Insel haben wohl einen sehr
schrägen Humor. Sie wählen 13 Nisser aus, die ab dem 12. Dezember
täglich, Einer nach dem Anderen, lauter Schabernack treiben bei
ihren Hausleuten. Jòlasveinar heißen sie und das ist wohl ein
Ehrentitel, wie mir scheint.“
„Wir sind aber keine 13 Nisser hier in der Straße, komm also nicht
auf dumme Gedanken, mein lieber Leo.“ Emilia hatte gar nicht
aufgeschaut von ihrer Arbeit und so konnte er ihr Grinsen im Gesicht
nicht sehen.
„Nein, wir sind fünf und zwei davon sind umgezogen. Aber es sind
ja auch nur noch fünf Tage bis Weihnachten. Das würde passen“,
grübelte Leo leise vor sich hin. „Das habe ich gehört! Und ich
sage nein!“ Sie war entrüstet, dass ihr sonst so braver Ehemann
plötzlich den Kobold geben wollte. „Sowas gehört sich nicht bei
so netten Hausleuten.“ Leo verzog das Gesicht. „Na gut. Dabei
hatte ich schon so eine prima Idee.“ „Du und deine Ideen. Nachher
werden wir noch rausgeworfen und müssen den Winter doch im
Himbeerwald verbringen. Nein, nein, mein Lieber, dass lassen wir
schön bleiben!“ Leo schmollte und Emilia schoss mit Schwung den
nächsten Faden durch die Kettfäden am Webstuhl. Man konnte förmlich
hören, dass sie schlecht gelaunt war. Irgendwann tat ihr der Rücken
weh und sie sagte: „Gute Nacht, ich gehe jetzt ins Bett. Mach das
Licht aus, wenn du fertig bist mit Lesen, hörst du!“ Leo nickte und las weiter in dem doch sehr interessanten Buch. Verstohlen
sah er dann und wann zu Emilia hinüber und als sie fest
eingeschlafen war, schlich er sich aus der Wohnung. Kurz darauf war
er zurück und schlüpfte zu ihr ins Bett, löschte das Licht und
schlief mit einem Grinsen im Gesicht sofort ein.
Der Samstagmorgen begann mit dem
gemeinsamen Frühstück. Oma, Opa, die Trolle und einer der
Enkelsöhne saßen gemeinsam am und auf dem Küchentisch und tranken
Kaffee. Opa hatte, wie immer, Brötchen gekauft und öffnete die
Butterdose, um sich eines zu schmieren. Gerade als er mit dem Messer
ein wenig Butter nehmen wollte, stockte ihm der Atem. „Was ist
das?“ Alle schauten auf Opa und die Butterdose. Auf dem Butterstück
stand in bunten Zuckerstreuseln geschrieben: Guten Morgen Opa! Oma
lachte und Ole lief rasch zu Opa und stibitzte ein paar der bunten
Streuselchen.
„Wer war das?“ Opa fand es anscheinend nicht lustig und schaute
fragend in die Runde.
„ Das waren die Jòlasveinar aus Island! Da bin ich mir sehr
sicher. Es stand so in meinem Weihnachtsbuch von Tante Trine.“ Das
war Leo so heraus geflutscht, bevor er nachgedacht hatte. Seine Frau
sah ihn mit hochgezogenen Brauen böse an. „Soso, Isländer also?
Die wohnen wohl im Kühlschrank, weil es da so schön kalt ist? So
ein Unsinn aber auch.“ „Ist doch egal, wer es war. Ich finde das
lustig“, rief der Enkel und fragte, ob er ein Brot mit Butter und
Zuckerstreuseln bekommen könne. Oma kratzte also die Butter sauber und schmierte ihm ein Brot mit diesem
bunten Gemisch. Opa bekam die Butterdose zurück und konnte sich
endlich ein Käsebrötchen schmieren ohne süße Beigabe. Nachdem
alle fertig gefrühstückt hatten, verkündete Ole, dass er heute
zwei Türchen vom Adventskalender öffnen müsse und eines davon mit dem kleinen Gast teilen wolle. Na das ließ der sich doch
nicht zweimal sagen und nahm Ole in die Hand. Gemeinsam öffneten sie
dann die Söckchen und er überließ ihm die Gummibärchen und behielt den
winzigen Weihnachtsengel aus der Socke von heute. Die Gummibärchen
waren schnell gegessen und Oma rief auch schon: „ Wir müssen los,
Vorräte kaufen. Ich habe keine Lust, das nächste Woche zu tun, wenn
jeder meint, es gäbe nix mehr zu kaufen und panikartig durch die
Geschäfte rennt.“ Opa stand schon in „Hut und Mantel“ wie man sagt, an der Haustüre und hielt die
Jacke für den Enkel bereit. Klapp! machte die Haustüre und die Drei
waren verschwunden. Zurück blieben nur noch die Nisser und die
hatten anscheinend noch einiges für Weihnachten zu erledigen. Ole
huschte in sein Haus und rief: Ihr entschuldigt mich doch? Hab was zu
erledigen.“ „ Wir auch“, riefen die beiden und sausten die
Treppe hinauf.
Ole kramte sein Geschenkpapier hervor und begann, die gestern
gekauften Geschenke zu verpacken. „Gar nicht so einfach, wenn an so
klein ist und keine Hilfe hat.“ murmelte er immer wieder und gab
sich redlich Mühe damit. Emilia war sofort wieder an ihren Webstuhl
geflitzt. Langsam wurde es eng mit der Zeit und Leo begann damit, ein
wenig die Möbel zu verschieben, damit er einen kleinen
Weihnachtsbaum aufstellen könnte. Er hoffte doch sehr, dass er
morgen einen passenden Baum finden würde, wenn er mit Opa und den Anderen im Wald den Baum
schlagen ging. Er rieb sich das Kinn und meinte zu seiner Frau: „Wir
haben keinen Christbaumständer! Bisher haben wir ja immer draußen
die kleine Konifere geschmückt. Die war prima festgewachsen und
konnte nicht umfallen. Was machen wir denn nun?“ „Ach, mach dir
keine Gedanken“, meinte Emilia, „der Opa weiß sicher Rat. Als
1419 der erste Weihnachtsbaum im Heilig- Geist-Spital in Freiburg
aufgestellt wurde, da mussten die sich ja auch was einfallen lassen.
Es gab ja noch gar keine Christbaumständer.“ „So lange gibt es
schon Weihnachtsbäume? Was du nicht alles weißt!“ Leo war
sichtlich erstaunt über seine Frau und die antwortete lachend: „
Ich hab auch ein wenig in deinem Buch von Tante Trine gestöbert. Da
steht das so drin.“ Er griff nach dem Buch uns blätterte
ein wenig.„Tatsächlich, hier steht es! Und das sie Äpfel und Nüsse im Baum
hängen hatten, steht auch da. Nix von Kugeln und solchem Zeug.
Sollen wir das auch so machen dieses Jahr? „Wenn du noch Äpfel findest draußen, dann gerne!“ Emilia war
begeistert. Das würde nicht nur schön aussehen, sondern sicher auch
gut duften. Leo nahm sich einen Korb und machte sich auf den Weg, um
Äpfel zu finden. Das wäre doch gelacht, wenn er das nicht
hinbekommen würde.
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