14.Dezember
Sonntagsbrötchen! Ole erwachte vom Duft dieser ganz speziellen
Brötchen, die Opa sonntags immer mit dem Enkel beim Bäcker um die
Ecke kaufte. Es waren ganz besondere Brötchen. Oma nannte sie
Laugenkonfekt, weil sie beim Bäcker so hießen auf dem Schild in der
Theke. Aber selbst die Verkäuferin dort wusste genau, was ihr Enkel
wollte, wenn er am Sonntagmorgen fröhlich in den Laden stürmte und
„Zwei Ole-Brötchen bitte!“ rief, bevor Opa auch nur im Laden
angekommen war. Anscheinend waren die beiden schon zurück und
kochten Kaffee. Oma schien noch zu schlafen und Ole beeilte sich, in
die Küche zu kommen. Er musste doch noch mit Opa reden wegen Lasse
und ihm berichten, das dieser nicht alleine sei. „Guten Morgen
Ole!“ schallte es ihm schon an der Tür entgegen. Opa hatte den
Tisch schon gedeckt und saß fröhlich schmausend mit seinem Enkel
beisammen. Die Beiden schauten ihm erwartungsvoll entgegen und er
wusste genau: Opa wartete auf seinen Bericht und der Kleine hatte
Hunger. Er kletterte auf seinen Tisch, fand sein Ole-Brötchen schon
in Scheiben geschnitten auf seinem Teller vor und schmierte sich
schnell etwas Marmelade darauf, bevor dieser Racker da wieder das
Glas ausgelöffelt hatte.
Dann lehnte er sich zurück und begann mit den Worten: „Opa, der
ist nicht alleine da! Der hat ne Frau und ich darf nicht verraten,
wo die wohnen, hat er gesagt, weil ihr ihn sonst rausschmeißt.“
Kopfschüttelnd schmierte Opa sich noch ein Brötchen und wartete auf
weitere Neuigkeiten, als die Frage „Wer ist denn „der“ ?“
durch den Raum schwebte. Er schaute zu Ole und dann auf seinen Enkel,
der mit großen, fragenden Augen sein Marmeladenbrot in der Hand
hielt und auf die Antwort wartete. Ole seufzte und meinte: „Na gut,
aber nix der Oma sagen! Versprichst du mir das?“ Heftig nickend saß
der kleine Kerl am Tisch und konnte Oles Antwort kaum erwarten. „
Der heißt Lasse und wohnt hier im Garten, schon ganz lange! Und
gestern hat er bei mir geklaut und heute wollte er schon wieder und
ich hab ihn erwischt und dann hat Opa uns Tee gegeben und ich hab
seine Frau kennengelernt.“ „Opa, jetzt weiß ich, warum du eben
ein zweites Ole-Brötchen gekauft hast! Kommt der Lasse jetzt auch
zum Frühstück? Und seine Frau auch?“ Aufgeregt hüpfte er vom
Stuhl und sauste los, um in Omas Wunderkiste mehr Geschirr zu holen
für die Gäste, aber Opa bremste ihn mit den Worten: „Nein, sie
haben ja Angst vor Oma!“ Bittend sah er Ole an: „ Kannst du nicht
fragen gehen? Wir versprechen auch, das die Omi nicht schimpft, gell
Opa?“ Nachdem dieser zustimmend genickt hatte, machte Ole sich auf
den Weg nach oben. Unterwegs fiel ihm ein, dass er gar kein Seil
hatte und wohl kaum einfach so mal bei Lasse und Britta in die Küche
spazieren könne. Er stieg also höher hinauf bis auf die zweite
Stufe der Dachbodentreppe und stand so quasi auf dem Dach ihrer
Wohnung. Gerade, als er klopfen wollte, ging die Schlafzimmertüre
auf und Oma kam heraus. „Guten Morgen Ole“, sagte sie und
wunderte sich ein wenig, warum er wohl dort auf der Treppe stand.
Verlegen trat Ole von einem Fuß auf den anderen. „Ich wollte dich
gerade abholen zum Frühstück.“ Gerade noch rechtzeitig war ihm diese Ausrede
eingefallen. Oma nickte und wollte ihn schon mit nach unten nehmen,
als er zu ihr sagte: „Der Opa meinte, ich dürfte mir mal seine
Traktorsammlung anschauen. Satt bin ich schon fast. Und wenn ich
schon einmal hier oben bin, kann ich das doch gleich machen, oder?“
„Wenn du meinst. Ich geh Kaffee trinken.“ Schwups war sie weg und
als er sicher war, das sie in der Küche saß, klopfte Ole auf die
Stufe und flüsterte:
„Lasse, ich bin es, der Ole. Opa sagt, ihr seid zum Frühstück
eingeladen und Oma darf euch nicht rauswerfen.“ Unter sich hörte
er ein Rascheln und kurz darauf klappte die Türe vom Geheimfach auf
und Lasse schaute vorsichtig zur Türe hinaus. Ole hüfte schon mal
die Treppenstufen herunter, als er Lasse und Britta gesehen hatte,
wie sie am Seil hingen und sich zu ihm hinüber hangelten. Unten
wartete er dann auf die Beiden im Treppenhaus und lauschte, wie Opa
seiner Frau erklärte, was passiert war und was sie erwartet. Opa
beendete seine Geschichte mit den Worten: „Und darum, mein Schatz,
habe ich Ole losgeschickt, unsere Untermieter zum Frühstück
abzuholen. Wo er nur bleibt?“ „Den hab ich auf der
Dachbodentreppe gesehen und er meinte, er geht sich deine
Traktorsammlung anschauen. Aber er war allein, ohne Begleitung.“
„Hier sind wir doch!“ rief Ole genau in dem Moment und zog seine
neuen Freunde hinter sich her in die Küche. Oma schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Du meine Güte, sie sieht ja ganz
verhungert aus!“ Sie stand auf und hielt Britta die Hand hin, um
sie auf den Tisch zu heben. Zögerlich stieg die auf Omas Hand und
traute dem Braten nicht so ganz. „ Du brauchst keine Angst haben,
ich bin schon seit Kindertagen eine Freundin des kleinen Volkes und
würde nie jemandem von euch etwas tun. Egal, was man euch über uns
Menschen erzählt hat, ich mag euch. Los Ole, komm her und zeig
ihnen, das es stimmt!“ Ole stieg auf Omas Hand und winkte Lasse zu
sich heran. „ Oder willst du lieber mühsam klettern?“ Endlich
konnte Oma sich wieder aufrichten und setzte die Drei vorsichtig auf
dem Küchentisch ab. Ein wenig verloren standen die Neulinge mitten
auf dem Tisch und sahen sich um. Ole hatte längst wieder Platz
genommen an seinem Tisch und rief: „Kommt her, auf der Bank ist
Platz genug für euch. Wir haben nur ein Problem: Opa hat nur zwei
Ole-Brötchen gekauft, wie jeden Sonntag. eins für mich und eins für
den kleinen Racker da.“ Das war der Moment, in dem sich der
sogenannte Racker zu Wort meldete: „ Stimmt nicht! Wir haben drei
davon. Zwei gekaufte und dann noch eins, das ich geschenkt bekommen
habe. Ich hab es heute mal nicht schon auf dem Heimweg verdrückt.“
Er griff in seine Hosentasche und zog ein zerdrücktes Minibrötchen
hervor. Hier Lasse! Das schenke ich dir. Ich bin schon groß und kann
heute auch mal ein normales Brötchen essen.“ Lasse bedankte sich
mit einer Verbeugung bei ihm und dann begann ein unterhaltsames
Frühstück. Alle redeten durcheinander, Oma schnitt weitere
Brotscheiben für die Trolle zurecht und fragte ihnen dabei Löcher
in den Bauch. Als Lasse dann vom Geheimversteck unter der
Dachbodentreppe erzählte, sprang sie auf und lief sofort die Treppe
hinauf, um sich davon zu überzeugen, das er nicht flunkerte. Sie kam
lange nicht zurück und man hörte sie im Haus geschäftig
umherlaufen. Endlich wieder zurück in der Küche griff sie nach
ihrem Kaffee, nippte daran und meinte:
„Bäääh, eisekalt.“ Alle lachten und Opa stupste sie liebevoll
an: „Selber Schuld mein Schatz. Deine Neugierde war schon immer ein
kleines Problemchen .Wo warst du denn so lange?“ Sie grinste und
schaute bedeutungsvoll in die Runde: „Mir kam die Einrichtung
dieser Behausung ein wenig, nun sagen wir mal spartanisch, vor und
da musste ich Abhilfe schaffen.“ Lasse, Ole und Britta sahen sich
verwundert an. Diese Oma war wohl immer für eine Überraschung gut.
Lasse rutschte ungeduldig auf der Bank herum und als er es nicht mehr
aushalten konnte, sprang er auf und rief: „Bin gleich wieder da.“
Schnell wie der Blitz war er vom Tisch herunter und zur Türe hinaus.
Kurze Zeit später hörte man ein erstauntes:
„Donnerwetter, das hätte ich nicht gedacht!“ aus der oberen
Etage und alle anderen machten sich auch auf den Weg nach oben.
Britta und Ole mussten nicht klettern oder das Seil benutzen. Opa
trug sie kurzerhand die Treppe hinauf und setzte sie vorsichtig am
Eingang ab. Britta staunte über die hell erleuchtet Stube und hüpfte
hierhin und dorthin, um all die Dinge zu bewundern, die Oma aus ihrer
Sammlung fürs Puppenhaus hervorgeholt hatte. Oma stand still auf dem
Treppenabsatz und freute sich darüber, dass all diese winzigen
Sachen, die sie gesammelt hatte, nun verwendet werden konnten. „Ich
hoffe, ihr könnt alles gebrauchen?“
Britta drehte sich um und strahlte im ganzen Gesicht: „ Frau Oma,
sie sind ein Goldschatz! Ich hatte noch nie elektrisches Licht in
meiner Wohnung und einen solch feinen Teppich besaß ich auch noch
nie!“ „Oh ja, die Oma ist ein Schatz, aber der Opa ist genau so
prima!“ meldete sich da der Enkel und kuschelte sich an Opas
Hosenbein. „ Nun muss der Opa euch nur noch eine ordentliche Brücke
zum Haus bauen oder eine Türe in die Treppenstufe sägen, damit das
doofe Seil weg kann. Das ist ja mordsgefährlich!“ Opa lachte und
drückte den kleinen Mann einmal ganz fest. „Recht hast du, das
werden wir Männer gleich morgen Abend gemeinsam in Angriff nehmen,
wenn ich von der Arbeit komme. Heute ist Sonntag, da wird nicht
gesägt und gehämmert. Lasst uns lieber in den Wald fahren und Moos
für die Weihnachtskrippe holen.“ Die Idee gefiel allen mehr als
gut und Lasse flüsterte Opa ins Ohr, dass man das beste Moos in
Irmintrudes Wäldchen finden könne. Nachdem er Opa erklärt hatte,
wie man dieses Wäldchen findet, fuhren alle gemeinsam mit dem Auto
durch die Eifel und Britta und Lasse wussten immer neue Dinge zu
erzählen über die Landschaft, die draußen am Autofenster
vorbeiflog.
Im Wäldchen angekommen, wurde rasch klar, das dies ein wirklich
verwunschener Ort war, wo nur jemand namens Irmintrude hausen kann.
Leider war sie nicht zu Hause und so konnten Lasse und Britta ihr Ole
und seine Hausleute nicht vorstellen. Sie sammelten also Moos in eine
mitgebrachte Schachtel und gerade, als sie sich wieder auf den
Heimweg machen wollten, tauchten wie aus dem Nichts zwei junge Damen
auf, die sich als Hanna Honig und Lovis Nisser vorstellten und auch
zu Irmintrude wollten.
Wenn Oma nicht so kalte Füße gehabt hätte, dann hätten sie wohl
doch gemeinsam mit Hanna auf Irmintrude gewartet. So aber mussten sie
leider auf Wiedersehen sagen und gaben einander das Versprechen, sich
bei Gelegenheit und besserem Wetter noch einmal hier zu treffen.
Zu Hause angekommen halfen dann alle dem Opa, das nasse Moos auf
Zeitungspapier auszulegen, damit es bis Weihnachten trocknen konnte
und dann gab es eine Adventskaffeetafel bei Kerzenschein für alle.
Oma erinnerte Ole noch seinen Adventskalender und als er im Strumpf
eine Backrolle fand, schenkte er die doch gleich seiner neuen
Freundin Britta. Die freute sich natürlich sehr. „ Super, dann
kann ich ja noch Plätzchen backen für Weihnachten!“ Es klingelte
an der Haustüre und der kleine Enkelsohn wurde abgeholt. Er hätte
Lasse und Britta am liebsten mitgenommen, aber da war Ole entschieden
dagegen.
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